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43 Jahre Belegstellenwartin/-leiterin der Inselbelegstelle Puan Klent/Sylt

Autorin: Edith Muuzs, Belegstellenleiterin Puan Klent / Sylt

Seit Eröffnung der Belegstelle am 04. Juni 1950, bin ich mit kurzer Unterbrechung und teilweise im Wechsel mit Frau Last oder Frau Köhler als Wartin in Puan Klent.

Da Hallig Hooge Ende der 40er Jahre überlastet und so die gewünschten Erfolge ausblieben, mußten sich die Peschetz – Züchter dringend eine andere Belegstelle suchen. In Frage kam nur eine Insel, um eine Reinpaarung zu gewährleisten. Dafür schien uns Sylt geeignet. Die Troiseck – Züchter hatten im Norden von Sylt bereits eine Belegstelle und dort gute Ergebnisse erzielt.

So fuhren im Herbst 1949 der damalige Zuchtobmann Herr Schoel und Imkerkollege Herr Straube nach Sylt. Straube hatte bereits Erfahrungen als Belegstellenleiter im Sachsenwald. Im Süden der Insel, nahe einer Bahnstation und in der Nähe  vom Jugendheim Puan Klent, fanden sie an der Wattseite ein geeignetes Dünental. Dieser Platz ist gut 30 Km von der Troiseck – Belegstelle entfernt.

In der Annahme, daß dieses Jugendheim Puan Klent gehörte, erbaten sie von der Heimleitung die Nutzung dieses Geländes. Am 01. Juni 1950 fuhren wir, eine kleine Gruppe Bergedorfer Züchter und freiwillige Helfer, mit einem Lastwagen, beladen mit Holz und Schutzhäusern, nach Sylt. Galt es doch ein Bienenhaus zu bauen.

Nach  3 Tagen strammer Arbeit konnte die Belegstelle am 04. Juni 1950 eröffnet werden. Angeliefert wurden 363 Königinnen, aber nur 163 begattet, kein besonderes Ergebnis.

Zuerst konnte ich bei der Helferschaft im Heim schlafen, doch schon ab 1951 war das Bienenhaus meine Unterkunft. Das Gattenvolk stand in einem kleinen Verschlag neben dem Bienenhaus. Zwischen Transportkästchen und noch nicht aufgestellten Schutzhäusern habe ich geschlafen. Als Bett wurden Bretter von Wand zu Wand genagelt, es gab weder Schrank noch Tisch. Eine Petroleumlampe lieferte mir Licht. Weil die Hütte kein Fenster hatte, schlief ich oft bei offener Tür. Da gab es schon mal unliebsamen Besuch, der sich aber als ein harmloses Schaf  herausstellte. Nachdem das Gelände eingezäumt war, blieben die Besuche aus.

Die Beschickung der Belegstelle steigerte sich schnell und so konnte ich nicht mehr im Bienenhaus schlafen, weil dieses als Arbeitsraum genutzt werden mußte.

1953 wurde uns günstig eine alte Aufenthaltsbaracke angeboten. Für den Kauf und den Transport auf die Insel erhielten wir vom LV Schleswig - Holsteinischer und Hamburger Imker ein zinsloses Darlehen. Die Baracke hatte 3 Räume, somit je 1 Zimmer für den Belegstellenleiter und den Wart. Der dritte Raum war Küche. So konnte ich endlich selbst kochen. Licht, Heizung und die Kochstelle wurden mit Propangas gespeist. Wasser mußten wir eimerweise vom 300m entfernten Heim holen.

1988 E. Muusz und Dr. Keßler

Ab 1954 wurde Dr. Keßler Belegstellenleiter, er löste Straube ab.In diesem Jahr wurde auch das längst fällige Klohaus gebaut, war der Weg zum Heim doch oft recht lang. 1956 erfuhr Dr. Keßler daß das Jugendheim nicht Eigentümer  des von uns genutzten Geländes sei. Nach Verhandlungen mit dem Bundesliegenschaftsamt in Westerland gab es einen befristeten Pachtvertrag. Der Vertrag erhielt allerdings eine Klausel: „Sollte das Gelände für militärische Zwecke gebraucht werden, müßten wir weg.“ Schon 1961 wurde uns gekündigt, Anfang 1962 aber die Kündigung wieder zurückgenommen. Nun bemühte sich Herr Dr. Keßler das Gelände käuflich zu erwerben. Im April 1964 kam es zum Kauf eines 12 000 qm großen Geländes mit Nutzungsrecht der Zuwegung. Da der Kreisverband kein e.V. war und Privatpersonen nicht in Frage kamen, sprang der LV Schleswig-Holsteiner und Hamburger Imker ein. Die Hamburger Peschetz -Züchter erhielten vom LV einen  Pachtvertrag über 10 Jahre mit zweimaliger Option zu gleichen Bedingungen.

Zur großen Erleichterung wurde 1957 ein Brunnen gebohrt. Eine Pumpe schaffte uns aus 8 Meter Tiefe Wasser. Trotz Versetzen des Brunnens und wesentlich tieferer Bohrung in späteren Jahren, ist das Wasser unabgekocht nicht genießbar.

Um den Windschutz und die Orientierung fliegender Königinnen zu verbessern, begannen wir 1959 mit der Bepflanzung der Belegstelle. Unter Mithilfe der Züchter Möller, Quelle und Wohlt und insbesondere Dr. Keßler mit Familie, die vielfach ihren Urlaub dafür opferten, begann eine schwierige Aktion. Auch der ehemalige LV Vorsitzende Lucas und der Imkermeister Gottschalk von der Imkerschule betätigten sich als Pflanzer. Bis 1978 wurden einige tausend Erlen, Kiefern, Rosen und vieles mehr gepflanzt. Neuanpflanzungen sind nicht mehr nötig, da sich viele Pflanzen vermehrt haben und zwar so reichlich, daß ein Auslichten erforderlich ist.

1993 Imkerbesuch aus Fürstenfedbruch, Bayern

Erstmalig wurde dies 1995 durch Fritz Wohlt im größeren Maße vorgenommen. Inzwischen ist dieses Tal zu einer kleinen Oase mit parkähnlichem Charakter geworden.

Im Winter 1984 hatte ich einen Steinmarder im Schuppen, der an den dort gelagerten Schutzhäusern viel Schaden anrichtete. Den Korb an meinem Fahrrad hatte er als Klo benutzt. Im Sommer darauf konnte man den Schuppen nur mit zugehaltener Nase betreten. Durch die Unruhe auf der Belegstelle ist er vertrieben worden, kommt nur noch, um den Komposthaufen nach Eßbarem zu durchsuchen.

1965 wurde an der Rückseite der Baracke ein Schuppen gebaut, in dem im Winter die Schutzhäuser, Karren und anderes lagern. Im Sommer stehen dort die Bienen, bis sie abends ausgesetzt werden. Da haben die ehemaligen Hausmeister von der Imkerschule, Herr Reineke und Herr Quelle gute Arbeit geleistet.

Inzwischen erfolgte die Schutzbezirkserklärung per Gesetz für die Belegstelle. Sie gilt von der Gemarkungsgrenze nördlich Rantum bis zur Südspitze der Insel und zwar für das ganze Jahr. Damit wird verhindert, daß sich in diesem Gebiet Imker ansiedeln.

Eine weitere Verbesserung erfolgte 1969. Wir bekamen über einen Zwischenzähler vom Heim her, Strom gelegt. Nun konnte ein Kühlschrank angeschafft werden. Vorher lagerten leicht verderbliche Lebensmittel unter der Baracke oder im Schuppen, dort wurden sie oft von Ratten angefressen.

Straßenbauarbeiten für das Heim Puan Klent im Jahr 1971 gaben auch uns die Möglichkeit, den Weg zur Belegstelle ausbauen zu lassen. So konnte diese Zufahrt auch von größeren Fahrzeugen genutzt werden. Anlieferungen der Bahn von Transportkästen konnten direkt auf die Belegstelle erfolgen. Die Zuwegung wurde durch eine Kette abgesperrt.

25 Jahre Puan Klent. Dr. Keßler erklärt die Zuchtarbeit

In dieser Zeit von 1970 bis 1976 hatten wir die höchste Anzahl an Beschickungen.1972 waren es 1712 Königinnen mit einem Begattungsergebnis von 74%. Jetzt hatten wir aber auch schon 8 Gattenvölker. Noch heute sind es immer 8 bis 10 Völker. Bis 1995 wurden in Puan Klent 47.158 Königinnen angeliefert wovon 33.982 begattet wurden. Also ein Schnitt von 72% in 45 Jahren. So sind viele Peschetz gepaarte Königinnen ins Land gegangen. Nach wie vor zählen Züchter aus dem ganzen Bundesgebiet zu den Beschickern. Viele Züchter, die selbst anliefern, können bei schönem windstillem Wetter das tiefe Brummen der Drohnen hören. Wird dann ein Kiefernzapfen hochgeworfen, fliegen gleich mehrere Drohnen hinterher, woran man sieht, wie niedrig die Drohnen fliegen. Oft beobachtet wurden Drohnen, wie sie zu mehreren die Königin bis an das Flugloch verfolgen. Drohnensammelplätze haben wir auf und in unmittelbarer Nähe der Belegstelle. Feststellen konnte ich auch, dass die Königinnen viel eher ausfliegen als die Drohnen, sie mögen es erst ab 18 – 20 Grad, aber nicht mehr, wenn es zu warm ist.

Zur Betreuung einer Belegstelle gehört viel Idealismus, fallen doch viele nicht bienentechnische Arbeiten an. Schutzhäuser müssen repariert und gestrichen werden, Dachdeckerarbeit, Zaun ausbessern und vieles mehr. Wenn dann noch 300 bis 400 EWKs reisefertig gemacht werden müssen und zur gleichen Zeit auch Anlieferungen erfolgen, reicht ein 24 Stundentag nicht aus.

Noch gibt es Imker, die diese Arbeit nicht anerkennen. Wurde mir doch noch vor einiger Zeit gesagt: „So lange möchte ich auch mal Urlaub auf Sylt machen.“ Überhaupt hat man schon so einige Sprüche gehört.

Bei Selbstanlieferung von 2 Transportkästen fand ich in mehreren EWKs Drohnen. Zu ihrem Sohn, der dabei war, sagte die Züchterin wörtlich: „Die Frau lügt.“ Gott sei Dank konnte ich ihr die Drohnen zeigen. Auch wurden mir mal Königinnen in Plastikschachteln geschickt, um evtl. weisellos gewordene Völkchen zu beweiseln. Die Schachteln hatten keine Luftlöcher und in entsprechendem Zustand waren die Königinnen.

Beim Herrichten der EWKs werden noch viele Fehler gemacht und dies nicht  nur von Anfängern. Letztlich zeigt es sich beim Begattungsergebnis. Sehr oft versuch ich den Imkern  auch Tips aus meiner langjährigen Erfahrung zu geben. Haben doch schon einige Imker davon profitiert.

Hin und wieder gibt es auch Imker, die mir ihre Hilfe anbieten, doch habe ich einen Arbeitsrhythmus, in dem ich lieber allein arbeite.

1978, gleich nach der Belegstellenzeit, zog ich mir einen doppelten Knöchelbruch zu, da gab es niemanden, der mir Hilfe angeboten hat und so wurde Puan Klent weiterhin von mir betreut.

Dr. Kessler 15.07. 1989

Zu unserm 40 jährigen Jubiläum 1989 war Herr Dr. Keßler ein letztes Mal auf der Belegstelle. Sein angegriffener Gesundheitszustand veranlaßte ihn, sein Amt als Belegstellenleiter im Herbst 1991 abzugeben. Auf seinen Vorschlag hin, wurde ich zur Nachfolgerin gewählt. Diese Aufgabe übernahm ich aber nur, wenn mir die Zuchtgemeinschaft Selpin, Wohlt und Quelle weiterhin zur Seite steht.

1991 bis 1993 wurden die längst fälligen Sanierungsarbeiten an der Baracke ausgeführt, woran Herr Ruge großen Anteil hatte.

1992 veranlasste Herr Wohlt, auf eigene Kosten, die Gravierung des Steines mit dem Namenszug von Herrn Dr. Keßler. Er hatte diesen Stein 1974 zu seinem 65 jährigen Geburtstag vom LV Schleswig – Holsteiner und Hamburger Imker erhalten. Leider konnte er dies nur noch auf einem Bild betrachten.

1993 im April verstarb Herr Dr. Keßler.

Durch Unstimmigkeiten mit dem Hamburger Landesverband, gründete 1994 eine kleine Gruppe Peschetz Züchter die Norddeutsche Peschetz Zuchtgemeinschaft, kurz NPZ, die 1995 e.V. wurde. Als 1995 der Pachtvertrag zwischen dem LV Hamburg und LV Schleswig Holstein ablief, bemühte sich die NPZ, diesen zu erhalten. Wir wollten unbedingt Puan Klent als reine Peschetz Belegstelle weiterführen. Vorerst hatte die NPZ den Pachtvertrag über 5 Jahre erhaxlten. Im Gründungsjahr 1994 wählten mich die Mitglieder erneut zur Belegstellenleiterin. Ich selbst stehe Puan Klent so lange zur Verfügung, so ich gesundheitlich in der Lage bin.

Belegstelleneröffnung „Aufbau der Belegstelle“. Von links; Otto Reimann, Bodo Riel und Otto Martin