Hans-Joachim Totzek, Norddeutsche Peschetz Zuchtgemeinschaft e.V.
Schon im Frühjahr kündigt sich ein Varroa-Jahr an, denn ein milder Januar und Februar begünstigten einen frühen Brutbeginn unserer Bienenvölker. Zwangsläufig beginnen auch die Varroa-Milbe ihr Brutgeschäft; das führte schon im Juli zu einer hohen Vermilbung. Bereits vor der Sommerhonigernte gibt es dann die ersten Völkerausfälle.
Was sehr auffällig ist, dass gerade die großen Bienenstände mit 6 und mehr Völkern in Reihenaufstellung, eine extrem hohe Befallquote aufwiesen. Dr. Ralf Büchler bestätigte in einigen Aufsätzen diese Feststellung. Ab Juli verdoppelt sich alle vier Wochen die Anzahl der Milben; das führt ohne Behandlung spätestens im September zum totalen Zusammenbruch der Stände.
Fazit: In einem milden Frühjahr verursacht dieVarroamilbe schon im Juli erste Ausfallschäden.
Räuberei schon im Juli vermeiden
Völker, die bereits durch einen hohen Milbenbefall geschwächt sind, wurden von starken Völkern ausgeräubert. Die starken, noch gesunden Völker tragen neben dem Honig viele Varroamilben ins Brutnest ein. In den geschwächten Völkern mit wenig oder keiner Brut befinden sich viele Varroamilben auf den Arbeiterinnen. Im Kontakt mit den räuberischen Eindringlingen wechseln Varroamilben den Wirt und fliegen mit ihnen ins nächste Volk.
Fazit: Schon Anfang Juli sollte man das Flugloch bei schwächeren Völkern verkleinern, um den Wächterbienen die Abwehr gegen Eindringlinge zu erleichtern.
Trügerische Einwinterung Man konnte beispielsweise schon 2019 bei den großen Ständen sehr gut beobachten:
Bei der Einwinterung machten die Völker noch einen starken, gesunden Eindruck. Man hatte im Juli / August die Varroabehandlung mit Ameisen- oder Oxalsäure durchgeführt. Die Varroa-Kontrolle zeigt einen schwachen Befall. Nur zwei bis drei Wochen später war das Volk nach einem Raubzug mit vielen Milben durchsetzt (Reinvasion). Seit Jahren wird ab Juli die Allgemeine Wespe zum unerträglichen Widersacher unserer Bienen. Besonders Ableger-Völker ohne viele Flugbienen werden ständig attackiert und geben vielen Völkern den Rest.
Fazit: Eine Räuberei sollte unbedingt vermieden werden, ist sie einmal ausgebrochen, kann man sie kaum zu stoppen. Wenn sich fremde Flugbienen und Wespen auf ein Bienenvolk eingeflogen haben, dann gibt es kein Entrinnen. Eine schnelle Abhilfe erreicht man nur, indem man konsequent mit den geschädigten / gefährdeten Völkern abwandert. In trachtarmen Zeiten ist die Durchsicht dieser Völker möglichst in den frühen Morgenstunden durchzuführen, denn das Arbeiten am Tag begünstigt das aggressive Verhalten der Bienen. Umsichtiges, zügiges Arbeiten und keine Waben stehen lassen; versteht sich von selbst.
Fazit: Drohnenschnitt reicht nicht aus.
Auch der durchgeführte Drohnenschnitt ist nur ein kleiner Baustein, um das Varroa-Problem aktiv anzugehen. Die meisten von uns erwarten im Juli die letzte Tracht des Jahres. Eine medikamentöse Behandlung ist in dieser Trachtzeit ausgeschlossen. Es bleibt nur eine bio-technische Lösung:
-
Brutunterbrechung Ende Juni – Anfang Juli
-
Eine natürliche Brutunterbrechung durch einen Schwarm wirkt sich für die Varroabelastung eines Bienenvolkes positiv aus. Die Milbe kann sich nicht in dieser brutlosen Zeit weiter fortpflanzen. Eine weibliche Varroamilbe ist in der Lage ihren Brutzyklus (12 - 14 Tage Brutaufenthalt in der Zelle) zwei- bis dreimal zu durchlaufen. Die Anzahl ihrer Nachkommen ist in dieser Zeit gewaltig angewachsen. Wir sollten diesen Kreislauf unterbrechen.
-
Brutstoppmethode Das Käfigen der Königin sollte mindestens 25 Tage betragen und wäre eine gute Möglichkeit, eine Brutpause einzulegen. Nachschaffungs- und Umweiseltendenzen sind auch nach 4 Wochen kaum vorhanden!
-
Brutstoppmethode: So wird mit dem Scalvini-Käfig gearbeitet.
Zurzeit werden zwei Käfigmodelle im Fachhandel unter „Varroa Brutstopp“ oder „Scalvini-Käfige I + II“ verkauft. Er besteht aus einer bienendurchlässigen Kunststoffgitterbox
7 cm x 7 cm x 3 cm oder 7 cm x 8 cm x 2 cm mit einer Öffnungsklappe und einer kleinen Wabe. Der Scalvini II Käfig mit 3 cm Dicke (14,90 €) lässt sich besser in einer Brutwabe (zwischen den Spanndrähten) einbauen. Bei 3 cm wird die Wabe gut ausgebaut und bebrütet, bei 2 cm ist der Raum zu eng und ein Brutnest kaum möglich!
Arbeitsmethoden: Die Brutwabe wird bienenfrei gemacht, den Käfig richtig positionieren und mit einem Cuttermesser (Klinge ca. 5 cm herausziehen) eng um den Käfig schneiden, dann die dahinter befindliche Brutwabe sauber herauszulösen. Falls der eingesetzte Käfig zu locker sitzen sollte, die Bienen kitten alles wieder fest.
Eine andere Methode, man baut den Käfig in einem Rähmchen mit Mittelwand gleich mit ein. Im Frühjahr kommt diese Wabe zur Bruterweiterung ins Brutnest, wird ausgebaut, bebrütet, verbleibt bis Juli vor Ort, um dann eingesetzt zu werden. Vorteil, es braucht durch die Vorinstallation des Käfigs keine Brutfläche vernichtet werden.
Anfang Juli wird die Königin in den Brutstopp-Käfig ohne Futterzugaben eingesperrt.
Eine gute Platzierung wäre zentral im Brutnest in der unteren Zarge. Es kommt dadurch zu keiner Unruhe im Volk, denn die Pheromone der Königin verteilen sich auch bis in die obere Zarge. Nach 25 Tagen ist die gesamte But geschlüpft und der Sommerhonig kann geerntet werden. Danach muss behandelt werden. Bei Oxalsäure im Sprühverfahren (30 g auf 1 Liter Wasser) beginnt man mit den Randwaben, sie werden kräftig beidseitig abgesprüht. Maximal dürfen nicht mehr als 150 ml pro Volk verwendet werden! Man kann die behandelten Waben in einer bereitgestellten Zarge einhängen und nach der Behandlung wieder zurückgeben. Wichtig; die Wabe mit der Königin wird vorher zur Seite gestellt, es erfolgt die Freilassung der Königin auf einer behandelten Wabe. Jetzt kann die kleine Brutwabe aus dem Käfig ausgekratzt und die gesamte Wabe behandelt werden. Diese Wabe kommt entweder in den Wabenvorrat oder man hängt sie als Randwabe zurück. Natürlich wäre eine Oxalsäurebehandlung mit einem Verdampfer zeitsparender, allerdings hätte man mit dem Sprühverfahren gleich die Waben mitkontrolliert. Die Auffütterung sollte anschließend mit Flüssigfutter zügig erfolgen.
Jetzt das Volk umweiseln?
Man sollte das Volk jetzt noch nicht umweiseln! Versuche in Italien haben gezeigt, dass viele junge Königinnen abgestochen werden, weil relativ viele Altbienen im Volk vorhanden sind. Ende September/Anfang Oktober ist die Umweiselung unproblematisch.
Bis Mitte September hat das so behandelte Volk wieder 6 bis 8 Brutwaben aufgebaut.
Eine Reinvasion von benachbarten Völkern bleibt als große Gefahr bestehen!
-
Komplette Brutentnahme
-
Die Waben werden komplett entnommen und eingeschmolzen oder
sie werden zu einem Sammelbrutableger zusammengeführt und nach dem Schlüpfen der Jungbienen erfolgt eine mehrfache Behandlung mit Ameisen- oder Oxalsäure je nach Befallsgrad (Bodeneinlage). Danach ist eine Vereinigung in einem Ableger sinnvoll. Die Brutwaben mit stehengebliebener Brut sind einzuschmelzen.
-
Ach das brutfreie Volk muss behandelt werden oder alternativ ist eine offene Brutwabe als Fangwabe einzubringen, um sie nach der Verdeckelung mit den abgefischten Varroa-Milben einzuschmelzen.
-
Bannwabenverfahren
-
In diesem Verfahren wird die Königin über eine Brutperiode von 3 x 7-Tagen auf einer Wabe abgesperrt. Es gibt zwei Käfigmethoden. Zum einen kann die Königin über zwei Absperrgitter und zwei seitliche Schiede begrenzt gehalten werden, zum anderen erfolgt die Käfigung über eine handelsübliche Wabentasche. Sie wird für eine bzw. zwei Waben angeboten. In die Wabentasche kann man eine auslaufende, alte Brutwabe einsetzen. Die Königin sollte vor dem Zusetzen und jeder Entnahme leicht angefeuchtet werden, dadurch ist sie in ihrer Bewegung eingeschränkt und erleichtert für uns die Handhabe. Nach 7-Tagen wird die entnommene Brutwabe eingeschmolzen. Dieser Vorgang wiederholt sich noch zweimal.
-
Bei älteren Königinnen könnten Nachschaffungszellen auf der verbleibenden Restbrut gezogen werden – kontrollieren!
-
Das Ende des Bannwabenverfahrens sollte zeitlich so gesteuert sein,
- dass der Sommerhonig geerntet werden kann,
- danach erfolgt eine Stoßbehandung mit Ameisen- oder Oxalsäure (Sprühverfahren),
- und zum Schluss muss zügig aufgefüttert werden.
Die Varroamilben schädigen Honigbienen anders als gedacht!
12 Wissenschaftler der US - University of Maryland haben sich intensiv mit der Varroamilbe beschäftigt. Sie fanden heraus:
Die Varroamilbe ernährt sich nicht von den Hämolymphen (Bienenblut) sondern von dem Fettkörper der Biene. Das ist ein Organ, das bei Bienen eine ähnliche Funktion hat wie bei uns die Leber. Je nach Bedarf wird die Nahrung gespeichert, umgewandelt und abgebaut. Zusätzlich wird das Immunsystem gestärkt. Außerdem ist der Fettkörper auch für die Entgiftung des Organismus zuständig. Der Befund passt zu den vielfältigen Krankheitszeichen.
Die Bienenbrut zeigt Entwicklungsstörungen, erwachsene Bienen haben ein geschwächtes Immunsystem und überleben den Winter nicht. Zudem funktioniert die Entgiftung nicht mehr und Bienen sind anfällig gegen Pestizide und andere körperfremden chemischen Stoffe. Zusätzlich werden die Bienen geschwächt, wenn dann noch Viren und Bakterien über die Milbe ins Bienenvolk gelangen. Wenn der Fettkörper statt Hämolymphe betroffen ist, dann lassen sich alle aufgeführten Symptome erklären. Auch warum bei erwachsenen Bienen bevorzugt eine spezielle Körperstelle von den Milben angegriffen wird „die Unterseite des hinteren Bienenkörpers“.
farblichen Markierungen zeigen die Einstichstellen, um an die Fettkörperanteile der Biene zu gelangen.
Aus der 1970er Jahren stammt die These, dass die Varroa-Milbe von den Hämolymphen (Bienenblut) der Biene lebt. Fraglich ist, ob die Wissenschaftler aus dieser neuen Erkenntnis auch ein probates Behandlungsmittel oder eine Behandlungsmethode entwickeln können.